Uemße Schuster

Denn Uemße Schuster stellt sich vöör

Denn Uemße Schuster stellt sich vöör

Jetzt hat auch die kleine Schusterstadt Uedem am Niederrhein ihr Schusterdenkmal. Es ist errichtet worden zur Erinnerung an jene Uedemer Schuhmacher, die früher Schuhe in Heimarbeit herstellten. Hier in Uedem wurde im Mittelalter mit dem Flachsanbau viel Hausweberei betrieben. Damit ging es nach dem Dreißigjährigen Kriege nicht mehr so recht voran. Wie auch an anderen Orten des Niederrheins folgte in Uedem der Weberei die Schuhherstellung.

Im Gegensatz zu Kleve, wo sich die Kinderschuhindustrie entwickelte, wurden in Uedem vor allem Arbeits- und Militärschuhe hergestellt. Aber nicht nur für Preußens Gloria. Aus dem Jahre 1905 wird von einem Vertrag berichtet, nach dem wöchentlich auf die Dauer von vier Monaten 300 Paar Militärstiefel mit 42 cm Schaftlänge zu liefern waren. Sie gingen über einen Gocher Agenten an die russische Armee. Vielleicht hat mancher dieser Stiefel später sein Ende in den Masurischen Seen gefunden.

Bis zur Jahrhundertwende wurden die Schuhe meist in Heimarbeit hergestellt. Die ganze Familie war auf die Mitarbeit eingestellt. Gearbeitet wurde mit eigenem Werkzeug. Das Material stellte der Unternehmer. Er sorgte natürlich auch für den Verkauf. Der Heimhersteller aber konnte seine Zeit einteilen, wie er wollte, nebenher sein Haus besorgen und auch den Blauen Montag feiern.

Vor hundert Jahren schlossen sich Uedemer Schuster zu einer Standesorganisation unter dem Zeichen eines heiligen Mannes zusammen, der als Christ im dritten Jahrhundert vor seinen Verfolgern nach Frankreich flüchtete, Schuhmacher wurde, den Erlös seiner Arbeit an Arme und Kranke verteilte und später für seinen Glauben in den Tod ging. Es war der heilige Crispinus, und der Crispinus-Verein in Uedem hatte ebenfalls religiöse und soziale Ziele. Er betätigte sich bei kirchlichen Veranstaltungen und im geselligen Leben. Durch eine Sonderkasse wurden kranke Witwen und Waisen unterstützt, als es noch keine Ortskrankenkassen gab. Den Höhepunkt seiner Veranstaltungen bildete der Crispinus-Tag am 25. Oktober. Dann ruhte die Arbeit. Morgens war Kirchgang mit anschließendem Frühschoppen. Zum Fest am Abend wurde gut gegessen. Im Jahre 1873 verzehrten 65 Personen 37 Pfund Schinken, 31 Pfund Rindfleisch, 3 Pfund Reis und 100 Pfund Kartoffeln mit Zutaten. Das alles für 16,79 Mark!

Zu seinem hundertjährigen Bestehen am 21. Juli dieses Jahres hat der Verein sich und allen Uedemer Schustern ein Denkmal errichtet. Der Bildhauer W. Matthäi aus Kleve, in dessen Adern auch Schusterblut fließt, hat es geschaffen. Sein Großvater gründete um die Jahrhundertwende in Kleve die „Rheinische Schuhfabrik“.

Das Uedemer Denkmal zeigt entgegen dem Klever Bältermann, der das Wesen des sprichwörtlichen Schusterjungen einfängt, einen Schuhmacher bei seiner Arbeit, einen Mann, der durch seine handwerklichen Fähigkeiten den Ruhm Uedems als Schusterstadt begründet hat. Uedem und Kleve – Nachbarstädte von alters her – stehen beide in der Tradition der Schuhherstellung. Wir grüßen daher den „Uemße Schuster“ als den Gefährten unseres Bältermanns.

Heinrich Suter – Elefanten-Post 13. Jahrgang / September 1963

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